26.10.22 die erste Pirschfahrt

Punkt 3 sollen wir uns am Parkplatz einfinden. Wir werden pünktlich starten.

Ich bin um Punkt 3 keuchend vom anderen Ende der Welt am Parkplatz  – also ich. Sind die schon losgefahren? Nein, da kommt Nina, dann Julia, dann die Gruppe der Ranger, die uns nach Zimmernummern einteilt. Ich bestehe darauf, dass wir 4 in einem Jeep eingeteilt werden – ja, war eh so geplant. Nur die Familie, die mit uns eingeteilt ist, die ist sich sehr uneinig. Nachdem ich mit dem französischen Vater die wahrscheinlich einzige unangenehme Unterhaltung im ganzen Urlaub geführt hatte – haben wir natürlich genau die an der Pelle.

Wegen meiner Unbeweglichkeit darf ich vorne als Beifahrerin mitfahren. Ob sich unser Guide freut? Wir werden sehen….

In der Gruppe der ausnahmslos schwarzen Guides werden wir dem jüngsten, kleinsten und schüchternsten zugeteilt. Er hat offensichtlich ein Hüftproblem – welcome to my world- und einen silbern glänzenden Schneidezahn – ich trau mich nicht zu fragen, welcher Stein da im Zahn blitzt. Carlos heißt er – na hoffentlich kennt er sich aus. Er kommt aus dem Nachbardorf und gehört dem Stamm der Tonga an – na den Rest wird er dann im Laufe der Fahrten mir erzählen – da bin ich ganz sicher.

Es fehlt aber noch Waltraud. Nina geht sie suchen und kommt wenige Minuten später mit ihr im Schlepptau an: Waltraud hat sich zwischen den Zelten verirrt – so starten wir alle mit gemischten Gefühlen – nein doch noch nicht: Carlos erklärt uns die Regeln: kein Aufstehen, kein Aussteigen und wer Angst vor Elefanten hat, der soll sich bitte JETZT melden, denn sie kommen echt nahe zum Jeep…..Hmm was mache ich jetzt mit meiner Busch Untauglichkeit ganz vorne unten? Na nix – ich lächle nonchalant (glaube ich zumindest) und die Anderen nicken auch tapfer. Habe ich schon erwähnt, dass wir natürlich keine Windschutzscheibe haben und auch die Seitenfenster entfernt wurden? Carlos sagt, dass er gerne stehen bleibt, wenn uns was interessiert – auch die hunderste Nyala und die 1000. Impala – aber eigentlich ist das hier ein Elefanten Park und deshalb gehen wir auf Pirsch. Für die Elefanten.

Die französische Familie haben wir mit vereinten Kräften nach hinten gedrängt und so starten wir bei gutem Wetter und nicht ganz optimaler Beleuchtung auf unsere erste Pirsch.

Die deutsch französische Mama ist recht nett, sehr hübsch und wir meinen unisono, ein bissl fad, und sie hat wirklich Angst vor Elefanten. Daher fahrt sie nur 2x mit uns mit, danach wechselt sie in die Vogelbeobachtergruppe. Die 2 großen Kinder bleiben bei uns, die sind sehr lustig und aufgeschlossen, der Papa aus Paris…naja, der hat sich gleich zu Beginn mit der Sabine und der Julia angelegt und ….verloren. Kein Wunder bei so viel geballter Frauenpower. Er ist ab da beleidigt, redet fast nichts mehr und verschlaft die Morgenpirschfahrt…

Wir fahren und sehen gleich einmal nix. Das kenne ich schon. Erst mal lange nix sehen und dann plötzlich….Nyalas, Nyalas und ein paar Impalas und wieder Nyalas. Wie wunderschön diese Antilopen sind: die Youngsters und die Weibchen sind fuchsrot mit weißen Seitenstreifen, die Männchen färben bei Erreichen der Geschlechtsreife um und entwickeln orangefarbene Kniestrümpfe, ein wunderschönes grau schwarzes Fell mit einer weißen Rückenmähne, die sie bei Aufregung auch aufstellen können.

Die Nyala wird sicherlich am Ende das Tier sein, das wir am aller, allerhäufigsten gesehen haben.

Und dann – ich kann den Augenblick gar nicht genau rekonstruieren sind sie da. Die Elefanten. Wir sehen sie zuerst in großer Entfernung und dann GAAAANZ nahe. Ich meine wirklich nahe. Die kleinen Gruppen von 2 oder 3 oder 5 Bullen stehen direkt ums Eck, kreuzen die Sandwege und auf einmal kommt einer tatsächlich zum Jeep und erkundet mit seinem Rüssel die – ja ich weiß nicht genau was – Carlos meint sie prüfen, ob Adrenalin und wieviel Adrenalin da in der Luft liegt. Ich glaube die Rüsselspitze war keine 20 cm von meinem Arm entfernt der nonchalant (oder einfach nur vergessen?) auf der Autotür liegt. Ich möchte gerne betonen, dass es sich hier um NICHT domestizierte Elefanten handelt. Nach unglaublich langen 2 Minuten wendet sich der Bulle ab – ich fürchte jetzt hat er eine Adrenalinvergiftung – und wir atmen wieder. Wie still es doch in so einem Jeep sein kann.

Die Elefanten von Tembe sind etwas ganz besonderes. Nicht nur wegen ihrer Größe und der Länge der Stoßzähne sondern auch, was ihr Verhalten den Menschen bzw. Jeeps gegenüber betrifft. Im Gegensatz zu den Ellies zb. im Krüger, die von Selbstfahrertouristen oft furchtbar belagert, belästigt und dadurch verständlicher Weise auch recht ungemütlich werden, sind die Riesen aus Tembe total gechillt und freundlich neugierig. Da man nur mit Ranger fahren darf, die das Verhalten der Elefanten wirklich gut kennen und sogar an den Spuren sehen, ob ein Bulle in Mast ist, haben diese tollen Tiere in Tembe keine mühsamen oder schlechten Erfahrungen und daher kann man sie so nahe und so wunderbar beobachten und bewundern 

Die Elefanten grasen und fressen und wedeln mit ihren zerfetzten Ohren und auf einmal sind sie weg. Wie 6 oder 7 Tonnen einfach so verschwinden können – lautlos und mit einem Schwenk in den dichten Busch – das ist wirklich ganz ungewöhnlich. Ich war bisher nur in der Savanne unterwegs – der dichte Busch ist und bleibt eine ganz eigene Landschaftsform, die den Tieren extrem entgegenkommt – einen Schritt von der Sandstraße weg und schon sind sie verschwunden.

Gott sei Dank sind die Fotos am Handy mit dem Datum versehen, denn die Eindrücke der Fahrten verschwimmen. So unglaublich viele Eindrücke: nirgends gibt es Toiletten im Busch – aber einen Toilet Bush findet Carlos allemal. Erst steigt er aus dem Jeep – wir alle haben ein deutliches „Sitz und Bleib!“– er vertreibt alle bösen Tiere hinter unserem designierten Bush und dann, dann können wir. Genieren? Nicht lange – vielleicht werde ich ja doch noch Busch tauglich…

Mei wie schnell wir uns daran gewöhnt haben, hinterm Busch oder dem Jeep die Hosen runter zu lassen – und ja , Sabine, nach den ersten 2 Tagen bist du buschtauglich geworden, noch ausbaubar zwar, aber kannst echt stolz auf dich sein !!!!!

Carlos macht kurz vor Sonnenuntergang wunderbare Gin Tonics – auf einem Tischerl mit Tischtuch natürlich. Eiswürfel? Bitte gerne! Zitrone? Bitte sehr! Wir fühlen uns sehr wohl mit Carlos und er taut zunehmend auf. Wir werden ihn alle Fahrten bei uns haben: also jeden Morgen um 6 und dann von 3 bis zum Sonnenuntergang (und manchmal auch ein bissl länger). Als Beifahrerin übernehme ich die Navigation (mit null Ahnung und schlechtem Orientierungssinn) und wir machen das, was ich in Afrika am allerbesten kann: LACHEN, LACHEN und LACHEN. Bis wir die nächsten Elefanten treffen und die Luft wieder anhalten.

Um 7 sind wir zurück im Camp. Todmüde, weil so überladen mit Eindrücken, dass wir das 3 gängige Dinner ziemlich still genießen und dann rasch im Finsteren ans andere Ende der Welt wandern. Nina und ich wir landen gleich mal vor dem falschen Zelt, finden dann aber doch zu Nummer 18.

Nur mehr duschen und dann ins Bett? Duschen im Freien? In stockdunkler Nacht? Am anderen Ende der Welt? Alle Insekten, die wir jemals vermisst haben, sind da. Also da in unserem Zelt. Zu meiner großen Freude findet Nina einen Skorpion in der Toilette und aus dem Betthaupt aus Sisal fallen RIESEN „Was Weiß Ich“ in mein Gesicht.

Die RIESEN sind kleine Käfer, sogenannte Christmas Bugs, ich kenne die schon gut von früher, machen urviel Bahö um nichts (soll heißen sie brummen Beim Fliegen wie ein Helikopter) sind aber nur halb so groß wie unsere Junikäfer 😉

Buschtauglich? Ich? NICHT!

Wie gerne wäre ich jetzt zu Hause. Nina rettet todesmutig alle Tiere aus meinem Bett und trägt sie hinaus – ich bin nicht mehr ansprechbar.

Morgen fahr ich nach Hause!

Ich nimm´s jetzt mal vorweg : die Sabine ist NICHT nach Hause gefahren, ich sag´s ja, sie ist doch mehr buschtauglich, als sie denkt 

Und sie ist nur einmal vor Schreck fast bei mir in meiner Betthälfte gelandet, da hat sie ein Christmasbug bösartig attackiert – er ist ihr beim Lesen durchs Licht vom Kindle ins Gesicht geflogen ..