Nina hat Geburtstag heute – das passt gut – wir haben heute viel vor
….direkt nach der Morgenpirsch werden wir zu einem geheimen Platz gebracht, an dem Wunder geschehen können – also manchmal. Es passiert leider immer wieder, dass Nashornweibchen mit Jungen bei Fuß gewildert werden – wenn die Jungen schon alt genug sind, dass sie selbst Horn haben, dann werden sie verstümmelt und getötet – aber wenn sie noch klein sind, dann laufen sie schwer traumatisiert herum und rufen verzweifelt nach ihrer Mutter.
Wenn die kleinen Rhinos rechtzeitig gefunden werden, dann kommen sie in eine Aufzuchtstation für Rhinos – wo sie aufgepäppelt werden, in Gesellschaft anderer Rhinobabies erwachsen werden dürfen und schrittweise in eine kontrollierte Freiheit entlassen werden.
Das Programm ist sehr aufwändig, da die kleinen Dickhäuter alles andere als eine dicke Haut haben – sie sterben vor Stress und Angst und nicht nur vor Hunger und Austrocknung. Lawrence Anthony beschreibt die Probleme bei der Rhino Aufzucht sehr schön. Nach seinem Tod wurde das Nashorn Waisenhaus weitergeführt – bis zu dem Tag, an dem die Lokalisation dieser Station bekannt wurde: Wilderer töteten die heranwachsenden Rhinos, vergewaltigten die Frauen in der Station und überwältigten die Wachen.
Seither ist die Lokalisation der Rhino Waisenhauses geheim – trotzdem werden Besucher empfangen und aus den Eintrittsgeldern finanziert sich der Verein. Wer Lust hat, da ein bissl mehr davon zu lesen, der findet auf Facebook und Instagram das ZululandRhinoOrphanage.
In der Woche, als wir noch on Tembe waren, wurde ein kleines männliches Rhino gefunden und konnte lebend ins Waisenhaus gebracht werden. Anfangs werden die Kleinen mit Ohrstöpseln und Blenden von optischen und akustischen Reizen ferngehalten – sie werden infundiert und sediert und die Pfleger warten, bis sich das Baby beruhigt und versucht zu trinken. Dann werden schrittweise die Ohrstöpsel und die Blende entfernt und man versucht dem kleinen Nashorn klar zu machen, dass nicht alle Menschen eine Todesgefahr darstellen.
5 Tage lang stand es sehr kritisch um den Neuzugang, aber dann stabilisierte er sich und wir erhielten wir die Möglichkeit die Rhino Rescue zu besuchen.
Nachdem wir also einige Tage nicht wussten, ob es überhaupt möglich ist, ins Rhino Orphanage zu fahren, bekamen wir gestern dann doch das ok, das kleine Babynashorn habe sich sehr schnell und gut erholt und läuft auch bereits seine ersten Schritte draußen im Freigehege.
Nach einer wunderschönen Morgenpirschfahrt und einem köstlichen Geburtstagsfrühstück sollten wir also gegen 13 Uhr losfahren, denn um 14 Uhr sollten wir dort sein. Das Wetter hat uns bis zum Schluss auf Trab gehalten, ich hab zwar Julian ständig versichert, dass es bestimmt nicht regnen würde, aber er wollte mir nicht glaube. Kurz hatten wir überlegt, Lizzy, unseren Jeep, gegen das „normale“ Auto zu tauschen, da aber unser Guide mit dem Autoschlüssel weggefahren war, ist diese Möglichkeit ins Wasser gefallen, dafür aber hat es, wie von mir versprochen, auch nicht geregnet Wir sind also losgefahren und waren alle sehr gespannt, was uns erwarten würde:
Aus Sicherheitsgründen wurden wir gebeten, unsere Handys entweder gänzlich auszuschalten oder alle Ortungsdienste, woraus die genaue Lokalisation der Station ersichtlich wäre, zu deaktivieren. Die Managerin der Station, eine sehr engagierte junge Frau, ich glaube sie ist 28 Jahre jung wenn ich mich richtig erinnere, hat uns gebeten, dass sie für uns Photos macht und filmt, damit möglichst keine Hinweise auf das Orphanage ersichtlich sind. Es hat uns allen sehr zu denken gegeben, was für Maßnahmen hier nötig sind, damit Mensch und Tier möglichst geschützt sind. Wer starke Nerven hat, kann im Internet nach dem Überfall 2017 nach der Aufzuchtstation Thula Thula suchen, da kann man lesen, was bei so einem Überfall durch Wilderer passiert.
Wir bekommen eine sehr nette und ausführliche Erzählung der Geschichte des Orphanage und auch, dass im Moment 6 kleine Nashörner hier ein Zuhause gefunden haben –viel mehr als in den letzten Jahren. Die kleinen Nashornmädchen und Nashornjungs werden zuerst 24 Stunden durch ein Pflegerteam betreut, auch nachts, wo die Babies tatsächlich wie mit der Mutter gemeinsam schlafen und hier auch ganz dringend Körperkontakt suchen. Man schläft also mit einem kleinen Nashorn zusammen, das dann mitunter auch auf einen draufkrabbelt, ihr könnt euch also vorstellen, an Schlaf ist da nicht viel zu denken.
Wenn sich die Situation der Kleinen dann stabilisiert hat, kommen sie zusammen mit den anderen Nashornkindern in ein großes Freigehege, wobei sich hier echte Freundschaften unter den Nashörnchen entwickeln und sie sich selbst zu 2er oder 3er Gruppen zusammentun. Gefüttert wird je nach Alter mit der Flasche oder aus einem großen Bottich. Wir haben das Glück bei so einer Fütterung dabei zu sein und ich sehe und höre zum ersten Mal, was für Töne Nashörner von sich geben, es klingt entfernt wie Walgesang. Die kleinen „singen“, es ist ein langgezogenes Fiepen und Quietschen und irgendwie wird mir das Herz schwer, weil sie nicht einfach bei der Mutter trinken können, wenn sie hungrig sind, sondern eben dann, wenn es Futterzeit ist. Ich kämpfe tatsächlich mit den Tränen und wünsche diesen tapferen Kerlen alles Glück dieser Welt und dass sie niemals mehr Grausliches erleben müssen. Obwohl es die Nashörner dort sehr schön haben, das Projekt vorbildlich und mit unheimlich viel Engagement und Herz geführt wird, sind wir alle sehr betroffen.
Viele Reservate, die verwaiste Nashörner an das Orphanage abgeben bzw. Reservate , die früher Nashörner aus solchen Stationen aufgenommen haben, nehmen keine Rhinos mehr auf, da die Maßnahmen zum Schutz der Nashörner zu aufwendig und zu teuer sind. Wer sich ein bisschen mit Conservation beschäftigt und die Geschichte der letzten northern white rhinos verfolgt hat, der kann hier nachvollziehen, was das alles bedeutet.
(Mir fallt hier meine Reise nach Kenia ein, das ist ca 25 jahre her, da waren wir im Ol Pejeta Conservacy, wo 2 northern White Rhino Damen leben und die waren damals rund um die Uhr von 2 vollbewaffneten Guards bewacht..)
Nachdem die 5 größeren Rhinokinder also versorgt sind, schauen wir ihnen noch ein bisschen zu, wie sie recht zufrieden zu 2. und zu 3. davon marschieren und als Nachtisch noch ordentlich Gras fressen, zum Glück hat es immer wieder geregnet die letzten Tage und so wachst für diese großartigen Geschöpfe neues, grünes Futter.
Wir wandern zu einem Gehege ein paar Meter weiter und hier ist unser trauriger kleiner Held, der Neuzugang, gerade dabei ist, mit seinem menschlichen Begleiter, ein paar Schritte und Runden zu drehen. Er ist ca. 6 Wochen alt und laut der Managerin, die all unsere Fragen gern beantwortet, macht er sich sehr gut. Er ist neugierig und beginnt auch schon mit den Ersatzmüttern zu spielen. Wir sind hin-und hergerissen zwischen unendlich traurig und trotzdem ein bisschen lachen über diesen unglaublich liebenswerten kleinen Riesen, der da seine übermütigen Versuche, vor uns herumzuhopsen veranstaltet.
Unsere Zeit ist um, ich bin komplett fertig, mich hat das alles sehr mitgenommen. Ich bin zutiefst beeindruckt über die Arbeit der Leute dort und noch mehr traurig, über die Notwendigkeit dieser Arbeit.
Alle Handies wurden eingezogen – die Managerin filmte für uns:
Ich denke diese Geschichte überlasse ich Nina – es war herzzerreißend und wunderbar
Die Rhino Rescue hat mich unglaublich stark beeindruckt. Der Ort strahlt soviel Ruhe und Würde aus – die lustigen, dramatisch bettelnden Rhino Youngsters, die Ordnung, die Sauberkeit, die Mitarbeiter – selten so viel Professionalität gesehen.
Die letzte Abendpirsch war recht ruhig
– der Leopard ließ sich auch heute nicht blicken – bis plötzlich ein Funkspruch mit : „da sind Löwen!“ hereinkam.
Natürlich fuhren wir hin – mitten in die anbrechende Nacht hinein. Von dem nachfolgenden Ereignis konnte ich nur wenig sehen – aber wir waren mitten drin – in einem dramatischen Fight auf Leben und Tod. Die Löwen versuchten einen Büffel anzugreifen und vermasselten den Angriff irgendwie – der Büffel attackierte seinerseits und die ganze Büffelherde vertrieb die Löwen – es waren wohl „unsere“ Löwen vom ersten Tag. Ich weiß nicht wie gefährlich die Situation für uns wirklich war – Julians Flüche gaben mir halt sehr zu denken. Aber die Büffel rannten um unseren Jeep herum und die Löwen verschwanden zornig pfauchend in der Dunkelheit. Atemlos fuhren wir in Richtung Camp – die Luft war dick vor Sand und man konnte den Zorn und das Adrenalin förmlich riechen.
Auf dem Weg zum letzten Abendessen waren wir recht still – was für ein Erlebnis zum Abschied
Und ein Abschied sollte es sein – am nächsten Morgen regnete es und so verabschiedeten wir uns von Julian und wurden von unserem Fahrer nach Durban zum Flughafen gefahren.
Die Fahrt war dann schnell wieder sonnig und ereignislos, der Flug oder besser die Flüge waren endlos und schrecklich und mir war klar: Das mache ich nimmer.
Diesen Gedanken habe ich noch jedes Mal nach meinen Afrikareisen gehabt…und bin doch immer wieder geflogen – also Sabine, ich sags dir hier gleich: wir fahren sicher wieder, wir müssen uns nur ausschnapsen, wohin
Noch in Schwechat am Flughafen in Wien musste ich an die Wildhunde und Leoparden denken und so frage ich mich: „Wohin geht’s nächstes Mal?“